Off-pump Bypassoperation – Sinnvoll?


Die chirurgische Behandlung der koronaren Herzkrankheit (KHK) besteht in der Überbrückung (Bypass) der verengten Stellen (Stenosen) der Herzkrankgefässe (Koronarien), der sogenannten Bypassoperation

Üblicherweise wurde bei dieser Operation bis vor gut 10 Jahren immer die HerzLungenMaschine (HLM) verwendet und das Herz stillgelegt. Dieses Verfahren garantiert optimale Arbeitsverhältnisse am Herzen zur Konstruktion der Gefässverbindungen, die meist mit Gefässen von ca 1-2mm Durchmesser und feinstem Fadenmaterial vorgenommen werden. 

Vor ca. 10 Jahren begann eine Entwicklung von speziellen Instrumenten und Geräten, die eine Bypassoperation am schlagenden Herzen ohne HLM (sogenannt „off-pump“) erlaubt. Die Idee war bestechend: Das Vermeiden der HLM würde deren potenzielle Risiken eliminieren, die Schwere des Eingriffs vermindern und die Resultate dieser Operation würden sich verbessern. Man erhoffte sich speziell eine Risikominderung für Hirnschläge, Organversagen, Blutungen, und Herzrhythmusstörungen, und eine schnellere Erholung des Patienten. Zahlreiche herzchirurgische Zentren verschworen sich ganz dieser Methode, operierten möglichst alle Patienten bei KHK so und verwendeten sie als Marketinginstrument.






Eine Vielzahl von Studien glaubte zeigen zu können, dass die off-pump Methode in Bezug auf den Blutverlust, die Herzrhythmusstörungen, den Dauer der Narkose nach Ende des Eingriffs, des Aufenthaltes auf der Intensivstation und im Spital besser sei. Hingegen konnte keine Überlegenheit hinsichtlich der Häufigkeit von Todesfällen, Hirnschlägen und Herzinfarkten gezeigt werden. Zudem wurde off-pump im Durchschnitt weniger Koronargefässe mit Bypässen überbrückt, damit also weniger oft eine komplette Versorgung erreicht, als mit der HLM. 

In den letzten Jahren sind die Resultate grosser Studien veröffentlicht worden, die nach dem Zufallsprinzip Patienten für eine Bypassoperation der off-pump oder der Methode mit HLM zugeteilt haben. Die Resultate konnten keine Überlegenheit der off-pump Methode nachweisen. Eine  Studie konnte hingegen zeigen, dass die Langzeitresultate nach off-pump deutlich schlechter waren. Insbesondere war offensichtlich die Qualität der Bypässe schlechter, was zu häufigeren Verschlüssen derselben und häufigeren Nachbehandlungen im Verlauf führte.

Trotz dieser mittlerweile eindeutigen wissenschaftlichen Resultate halten vereinzelte Zentren weiterhin an ihrer Strategie fest, operieren möglichst alle Patienten off-pump und propagieren diese Methode dogmatisch als die Alleinseligmachende. 

Unseres Erachtens ist diese Handlungsweise unsachgemäss, denn sie erfolgt wider besseren Wissens aus marktschreierischen Motiven.






Seit Jahren verfolgen wir wie die meisten eine andere Strategie: off-pump wird dann erwogen, wenn der Patient einen offensichtlichen Nachteil, resp. eine Risikoerhöhung durch die HLM befürchten müsste. Speziell bei kritisch kranken Patienten mit erhöhter Gefahr eines Multiorganversagens oder in Situationen mit stark verkalkter Körperschlagader (Aorta) im Bereich des Herzens mit der erhöhten Gefahr eines Hirnschlages verzichten wir darauf. Ebenso, wenn seltenerweise nur eine einzige Bypassanlage auf der Vorderseite des Herzens durchgeführt werden muss.






Andrerseits stehen heute HLM-Systeme zur Verfügung, deren Verträglichkeit (sogenannte Biokompatibilität) für den menschlichen Organismus wesentlich verbessert wurde. Speziell die minimierten Systeme, sogenannte MECC-Systeme zeigen eine sehr gute Verträglichkeit. Untersuchungen haben gezeigt, dass mit deren Verwendung sehr ähnliche Frühresultate hinsichtlich Blutverlust, Rhythmusstörungen, Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation usw. wie off-pump erzielt werden, gepaart mit den Vorteilen der optimierten Arbeitsbedingungen mit HLM. Eine vollständige Versorgung der stenosierten Koronarien und gute Langzeitresultate sind damit ebenso garantiert.






Erstaunlich bleibt nur, dass wir in der Klinik Im Park neben dem Inselspital in Bern die einzigen Herzzentren sind, die ein MECC-System routinemässig bei dieser Eingriffen einsetzt. Gründe dafür sind die Beschaffungs- und Betriebskosten bei einer an sich schon kostenintensiven chirurgischen Disziplin, und die Notwendigkeit der speziellen Schulung des Kardiotechnikerpersonals, das die Bedienung dieser modernen Geräte von Grund auf lernen muss.


 
 
 
 
on-pump vs. off-pump CABG; Shroyer NEJM
Shroyer Conclusions NEJM

Rooby Trial Title
Rooby Trial Conclusion